Pferdehandlung Friedmann
“In Anbetracht des Umstandes, dass Ersatzkräfte einfach nicht zur Verfügung stehen und Frauen immer nur in beschränktem Maße zur Erledigung derartiger Wickelarbeiten herangezogen werden können, bitten wir, zu erwägen,
Friedmann aus der Haft zu entlassen und uns zur Arbeitsleistung wieder zuzuführen.
Wir bemerken ausdrücklich, dass sich Friedmann während seiner Tätigkeit in unserem Betrieb eines tadellosen Verhaltens befleißigt hat. Wir können ihm nur das beste Zeugnis ausstellen.
Heil Hitler!”
Der zitierte Ausschnitt stammt aus einem Freilassungsgesuch vom 16.9.1944, nachdem Max Friedmann (*1901) durch die geheime Staatspolizei verhaftet worden war. In dem archivierten Brief legt die Betriebsleitung dar, dass Friedmann als ,Wickler´ unerlässlich für die Wiederinstandsetzung von Motoren, auch für die „eines Wehrmachtgerätes“, sei. Jegliche Anstrengungen des Thüringer Elektromotoren-Werks Renke und Müller, Max Friedmann frei zu bekommen und wieder als Arbeiter einzustellen, scheiterten.
Max Friedmann war eines der zehn Kinder von Isaak (*1856) und Klara (*1854) Friedmann. Die Familie Friedmann betrieb eine Pferdehandlung und wohnte in der Unteren Langen Gasse 29. Nach dem Tod Isaak Friedmanns im Jahre 1914 übernahmen zwei seiner Söhne, Siegfried (*1889) und Karl (*1903) Friedmann, die Geschäfte, während Max Friedmann als Buchhalter arbeitete. Die sieben Töchter der Friedmanns waren teils weggezogen und verheiratet. Nur von Rosa Friedmann (*1883), der ältester der zehn Friedmann-Geschwister ist bekannt, dass sie bis zu ihrer Deportation in ihrem Elternhaus wohnte.
Vier ihrer Geschwister gelang die Flucht aus Nazideutschland. 1936 floh Helene Friedmann (*1898) nach Südafrika, ihr Bruder Karl folgte ihr zwei Jahre später. Siegfried und Else (*1892) Friedmann gelang 1939 die Flucht ins Exil nach New York, während Rosa selbst 1942 in ein Ghetto nach Polen deportiert und dort umgebracht wurde. Max Friedmann wurde 1944 verhaftet, nach Auschwitz gebracht und ermordet.
Die gesamte Familie Friedmann verlor durch die Nationalsozialisten jegliche Lebensgrundlage und ihre Heimat. An dieses Schicksal erinnern bis heute sieben Stolpersteine in der Langen Gasse 29. Die Gedenktafeln aus Messing wurden 2008 von dem Künstler Gunther Demnig in Zusammenarbeit mit einer Schülergruppe in Saalfeld verlegt.