Bekleidungshaus Steinberg
Liebe Frieda, lieber Alfred, liebe Gäste,
heute hier euer Trauzeuge zu sein freut mich außerordentlich. Was für eine schöne Winterhochzeit ihr da organisiert habt. Frieda, du warst schon immer ein sehr aufgewecktes Kind und deshalb passt du so gut zu deinem Alfred. Ich freue mich schon, bald euer erstes Kind auf dem Arm halten zu dürfen. Auf dass wir alle noch lange so zusammenbleiben und eine schöne Hochzeit feiern. Masel tov! La Chaim!
„La Chaim“ ist hebräisch und bedeutet so viel wie „Auf das Leben“, also der perfekte Ausruf zum Abschluss einer Hochzeitsrede. Dies könnte sich auch Gustav Steinberg (*1861) gedacht haben, als er am 22.12.1927 Trauzeuge auf der Hochzeit von Frieda Becker und Alfred Katz war. Da die jüdische Gemeinde in Saalfeld nie sonderlich groß war, kannte und half man sich untereinander gern. Es ist demnach nicht verwunderlich, dass Gustav Steinberg, ein guter Freund der Familie Becker, auf der Hochzeit als Trauzeuge agierte.
Gustav Steinberg war verheiratet und hatte vier Kinder. Seine Frau Bertha (*1863) starb bereits 1932, während Gustav Steinberg weiterhin in seinem Herren- und Knabenbekleidungsgeschäft am Kirchplatz 6 arbeitete. Unter dieser Adresse war er als Besitzer, Bewohner und Ladeninhaber aufgeführt. Nach dem Boykottaufruf erfolgte 1938 ein Eigentümerwechsel. Das Haus mit Geschäft gehörte von nun an dem Kaufmann Arthur Voigtland, der es wahrscheinlich unter Wert ersteigern konnte. Gustav Steinberg, gebürtiger Deutscher, wurde im Alter von fast 80 Jahren zur Flucht aus seiner Heimat gezwungen. In New York lebte er noch drei Jahre, bevor er 1942 verstarb. Über den Verbleib seiner Kinder ist nur so viel bekannt, dass alle vier Saalfeld verließen und zumindest zeitweise in den USA und Palästina lebten.