Boykottaufruf

Antisemitismus beginnt nicht mit der Machtergreifung der Nazis. Vielmehr werden Menschen jüdischen Glaubens weltweit seit Jahrhunderten verfolgt, aus ihrer Heimat vertrieben und ermordet. Zunächst durften Juden keine angesehenen Berufe, wie Arzt oder Anwalt, mehr ausüben. Dann wurde der Zutritt zu Kinos und Cafés immer öfter verwehrt. 1941 wurde die „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen und damit das Schicksal Millionen Unschuldiger besiegelt. Die Gräueltaten des Holocausts sind mit keinem vorhergehenden geschichtlichen Ereignis, keinem Völkermord und keinem Rassenwahn vergleichbar. Während der Herrschaft der Nationalsozialisten wurde mehr als die Hälfte der gesamten jüdischen Bevölkerung Europas erschossen, vergast, ermordet. Das unglaubliche Resultat: sechs Millionen tote Juden. Eine Zahl, die in ihrer Größe unvorstellbar, mahnend und beängstigend ist. Würde man eine Schweigeminute für jedes Opfer des Holocaust halten, wäre es 11 Jahre lang still. Die nationalsozialistische Partei Deutschland hat ab 1933 systematisch begonnen, Juden zu entrechten. Der verlorene Weltkrieg und eine Weltwirtschaftskrise brauchten einen Schuldigen. Flugblätter zum Boykottaufruf jeglicher jüdischer Geschäfte wurden verteilt…

„Deutsche Volksgenossen und Volksgenossinnen!
Der Kampf um die Existenz und Zukunft des deutschen Volkes ist nach den vorausgegangenen Siegen in einen neuen und letzten Abschnitt getreten. Der Hauptfeind unseres Volkes, der jüdisch geführte Marxismus aller Schattierungen, ist organisatorisch geschlagen. Feige sind die Führer zum Teil ins Ausland geflüchtet, zum anderen Teil haben sie ihre Genossen im Stich gelassen. Deutschland ist von den marxistischen und liberalen Parteien gesäubert. Jetzt steht nackt und ungeschminkt der Drahtzieher und Zerstörer deutschen Volkstums, der Jude, vor uns! Jüdische Haupthetzer haben, wie schon im Weltkriege, eine Greuelpropaganda schlimmsten Ausmaßes in allen zivilisierten Ländern gegen unsere Heere und gegen unsere Wirtschaft organisiert. Das sind dieselben Leute, die 1918 unsere Front mit erdolchten und als Kriegsschieber aus dem Blute unserer Gefallenen Gold gemünzt haben. Der heutige Kampf geht auf Leben und Tod. In diesem Kampfe muss und wird Deutschland siegen. Wir wollen keinem Juden ein Haar krümmen. Wir wollen aber den jüdischen Machern in Deutschland beweisen, dass wir gegen ihre Lügenpropaganda nicht wehrlos sind. Sie sollen am Geldbeutel spüren, dass sie als Geduldete in Deutschland unsere Ehre und unser Ansehen in der Welt nicht ungestraft besudeln und zerstören können. Deshalb darf kein deutscher Mann und keine deutsche Frau von heute ab in jüdischen Läden einkaufen. W e r  b e i m  J u d e n  k a u f t,  v e r r ä t  D e u t s c h l a n d. Ebenso liest von heute ab kein Deutscher jüdische Zeitungen. Geschäfte, die jüdische Zeitungen vertreiben oder auslegen, werden in Zukunft ebenfalls boykottiert. Volksgenossen! Eure Disziplin hat die nationale Revolution mit goldenen Lettern in das Buch der deutschen Geschichte geschrieben. Eure Disziplin wird auch diesen Boykott, der eine bloße Abwehr darstellt, zum wirksamsten Abwehrkampf für die Erhaltung unserer Ehre und Wirtschaft gestalten. Wer aus den Reihen der deutschen Abwehr ausbricht, wird der öffentlichen Verachtung preisgegeben. Jeder Käufer in einem Judenladen wird später seinen Namen auf einer Schandtafel in deutschen Zeitungen lesen können. Noch einmal:
Haltet Disziplin
Der Sieg über das Weltjudentum ist heut schon an die Fahnen der nationalen Revolution geheftet."

Jüdische Zeitungen:
Ullstein-Verlag Berlin, „Berliner Illustrierte“, „Grüne Post“, „Vossische Zeitung“, „Morgenpost“, „Magazin“, „Uhu“, B. am Mittag“, Mosseverlag Berlin, „Berliner Tageblatt“, „8-UhrAbendblatt“, „Frankfurter Zeitung“, „Thüringer Allgemeine Zeitung“, „Die Dame“, „Elegante Welt“.
Alle Funkzeitungen, außer der „Deutsche Sender“ und RG-Funk.
Die Boykott-Leitung der NSDAP. Saalfeld-Saale. Breite Straße 12

Nach der Verteilung dieser Boykottschrift war es für keinen jüdischen Ladenbesitzer möglich, sein Geschäft weiterzuführen. Einige der genannten Kaufleute und ihre Familien verzogen oder flohen. Andere Familien versuchten ihren Wohnsitz zu halten. Die meisten der genannten Geschäftsleute wurden in der Schoah ermordet. 2021 jährt sich das 1700. Jahr jüdischen Lebens in Deutschland. In Thüringen leben nachweislich seit 900 Jahren Jüdinnen und Juden. Zum Holocaust-Gedenktag am 27.01.2021 spricht auch die 88-jährige Vorsitzende der israelitischen Gemeinde München Charlotte Knoblauch vor Vertretern des Deutschen Bundestages.
„Wir dürfen stolz sein auf unsere Bundesrepublik, verehrte Damen und Herren. Aber wir müssen sie wehrhaft verteidigen, nicht einen Tag dürfen wir vergessen, wie zerbrechlich die kostbaren Errungenschaften der letzten 76 Jahre sind… Ich bin stolz auf die jungen Menschen in unserem Land. Sie sind frei von Schuld, was die Vergangenheit angeht, aber sie übernehmen Verantwortung für heute und morgen. Interessiert, leidenschaftlich und mutig… Ich bitte Sie, passen Sie auf auf unser Land. Diese Worte richte ich explizit nicht an die ganz rechte Seite des Plenums. Ich kann nicht so tun, als kümmerte es mich nicht, dass Sie hier sitzen. Ich spreche Sie nicht pauschal an. Vielleicht ist die Eine oder der Andere noch bereit zu erkennen, an welche Tradition da angeknüpft wird. Zu den Übrigen in Ihrer Bewegung: Sie werden weiter für Ihr Deutschland kämpfen und wir werden weiter für unser Deutschland kämpfen.
Vergessen Sie uns nicht!“

Rede im Deutschen Bundestag - Charlotte Knobloch: Wir müssen die Bundes­re­pu­blik wehrhaft verteidigen


Wir werden niemals vergessen, sondern Erinnerungen bewahren und mit neuen Erfahrungen zu positiven Veränderungen verbinden. Begeben Sie sich mit uns auf eine Reise der Erinnerungen und erkunden Sie die Spuren jüdischer Geschichte in Saalfeld. Scannen Sie mit ihrem Handy diese QR-Codes ein und erfahren Sie, als Saalfelder, Thüringer, Deutscher und Europäer mehr darüber, was es bedeutet hat, Mensch einer Religion und einer Kultur zu sein, die völlig ausgelöscht werden sollte.